Parkinson Fellowship 2021

Parkinson Fellowship der Thiemann Stiftung – in diesem Jahr konnten drei Forschungsstipendien vergeben werden!

2021 vergibt die Thiemann Stiftung gleich drei hochdotierte Stipendien für Projekte von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern mit dem Schwerpunkt Parkinson-Forschung. Alle drei prämierten Projekte sind hochinnovativ und könnten wesentlich dazu beitragen, das Leben von Parkinson-Patientinnen und -Patienten zu verbessern. Dr. Diana F. Lázaro wird den molekularen Aufbau von Alpha-Synuklein untersuchen, um so die Grundlage für die Entwicklung zielgerichteter Therapien gegen pathogene aSyn-Aggregate zu schaffen. Dr. Jonas Bendig wird untersuchen, ob mit fokussiertem Ultraschall die Wirkung bestehender antiaggregatorischer Therapien gegen α-Synukleine verbessert werden kann. Überdies wird Dr. Dr. Sebastian Robert Schreglmann, Würzburg, einen neuen, nicht-invasiven Ansatz der Hirnstimulation zur Therapie des Parkinson-Tremors erforschen.

Auch in diesem Herbst verleiht die Thiemann Stiftung im Rahmen des diesjährigen DGN-Kongresses ihren seit nunmehr vielen Jahren etablierten Preis, allerdings unter einem neuen Namen: Die „Parkinson Fellowship der Thiemann Stiftung“. Das mit 60.000 Euro vergleichsweise hoch dotierte Stipendium zur Förderung neurologischer Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler mit dem Schwerpunkt Parkinson-Forschung war in diesem Jahr derart begehrt, dass sich eine beachtliche Reihe an gleichermaßen herausragend qualifizierter junger Forscherinnen und Forscher darum beworben hat. Aufgrund dieses Zuspruchs und der hohen Qualität der Einreichungen hat sich das wissenschaftliche Gremium der Stiftung dazu entschlossen, für 2021 Mittel bereitzustellen, um insgesamt drei der ausgezeichneten und vielversprechenden Forschungsanträge zu fördern. So freuen wir uns, mit Frau Dr. Diana F. Lázaro, Hannover, Herrn Dr. Jonas Bendig, Dresden und Herrn Dr. Dr. Sebastian Schreglmann, Würzburg, die diesjährigen Preisträger bekannt zu geben.

Prof. Dr. Martin Südmeyer, Vorstandsvorsitzender der Thiemann Stiftung, freute sich über die zahlreichen Bewerbungen um das Stipendium und die Möglichkeit, gleich drei Forschungsprojekte durch das Stipendium zu unterstützen © privat

„Durch die umfangreichen Mittel, über die die Thiemann Stiftung verfügt, sind wir erfreulicherweise in der Lage, in diesem Jahr gleich drei Projekte auszeichnen zu können. Darin erfüllt sich unser Stiftungszweck, besonders qualifizierte junge Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler in ihren Forschungsvorhaben zu unterstützen, und durch die Vielfalt der interessanten, wissenschaftlichen Ansätze nachhaltig zur Parkinsonforschung beizutragen“, begründet Prof. Dr. Martin Südmeyer, Vorstandsvorsitzender der Thiemann Stiftung, das in diesem Jahr außerordentliche Fördervolumen.

Entschlüsselung des strukturellen Aufbaus von Alpha-Synuclein in Lewy-Körperchen und in glialen zytoplasmatischen Einschlüssen im menschlichen Gehirn

Die intrazelluläre Akkumulation und Aggregation des Proteins Alpha-Synuklein (aSyn) in Neuronen oder Gliazellen stellt das pathognomonische Charakteristikum von Synukleinopathien dar. ASyn ist genetisch mit der Parkinson-Krankheit (PD) assoziiert und ein Hauptbestandteil der Lewy-Körperchen (LBs), welche in Hirnen von Parkinson-Patientinnen/-Patienten histopathologisch nachgewiesen werden können. Ursprünglich wurde angenommen, dass die LBs unmittelbar die Parkinson-Erkrankung auslösen. Mehrere Studien zeigten jedoch, dass LBs in lebenden Neuronen vorhanden sind und auch bei nicht betroffenen Personen in großer Zahl vorkommen können. Das deutet darauf hin, dass womöglich nicht die Lewy-Körperchen per se, sondern kleinere, oligomere Formen von aSyn proteotoxisch wirken.

Auch die Multiple System Atrophie (MSA) ist durch die Akkumulation von aSyn-Aggregaten gekennzeichnet. Bei der MSA zeigt sich die Akkumulation von aSyn jedoch überwiegend in Oligodendrozyten, in Form glialerzytoplasmatischer Einschlüsse („glial cytoplasmic inclusion“s = GCIs).

Dr. Diana F. Lázaro wird den molekularen Aufbau von Alpha-Synuklein untersuchen © privat


Die Arbeitshypothese von Dr. Diana F. Lázaro lautet, dass die Aufklärung des molekularen Aufbaus von aSyn in verschiedenen pathologischen Einschlüssen sowie die relative Lokalisierung von aSyn-Interaktionspartnern in aSyn-Einschlusskörperchen verschiedener Synukleinopathien aufschlussreiche Erkenntnisse über den Prozess der LBs/GCI-Bildung liefern kann. Die Entschlüsselung des zugrunde liegenden Pathomechanismus könne zur Klassifizierung weiterer Synukleinopathie-Subtypen beitragen und grundlegend für die Entwicklung zukünftiger, kausaler Therapien sein, um Zellen vor dem Untergang durch aggregiertes Alpha-Synuklein zu schützen.

Die Preisträgerin hat bereits wertvolle Vorarbeiten geleistet und systematisch aSyn-Aggregationsformen und den Effekt verschiedener Mutationen auf den strukturellen Aufbau der aSyn-Einschlüsse analysiert, diese Arbeiten wurden jedoch mit Auflösungen unter ~50 nm durchgeführt. Im Rahmen des Stipendiums wird sie für ihre Untersuchungen modernste Techniken wie die X10-Expansionsmikroskopie und STED-Nanoskopie nutzen.

Dr. Diana F. Lázaro ist derzeit Mitarbeiterin im Projekt „Molekulare Therapieentwicklung“ (Leitung: Dr. Matthias Höllerhage/Prof. Dr. Günter Höglinger) an der Medizinischen Hochschule Hannover. Im Rahmen des Parkinson Fellowship der Thiemann Stiftung plant sie Forschungsaufenthalte in den Laboren von Prof. Dr. Tiago Fleming Outeiro (Abt. für Experimentelle Neurodegeneration, Universitätsmedizin Göttingen) und von Dr. Trojanowski und Dr. Lee (Perelman School of Medicine, Center for Neurodegenerative Disease Research in Philadelphia).

Fokussierter Ultraschall, um durch die Öffnung der Blut-Hirn-Schranke die Wirkung antiaggregatorischer Therapien gegen α-Synuklein zu verbessern

Die Beseitigung von pathologischen α-Synuklein-Aggregaten ist aktuell einer der aussichtsreichsten kausalen Therapieansätze für das idiopathische Parkinsonsyndrom. Ein vielversprechendes Therapiekonzept stellt beispielsweise die passive Immunisierung mit monoklonalen Antikörpern gegen α-Synuklein dar, allerdings müssen auch sie, wie andere Substanzen, die Blut-Hirn-Schranke überwinden oder direkt intrathekal appliziert werden, um einen Therapieeffekt in den gewünschten Regionen zu erzielen. Auch führen diese Applikationsformen zu einer unspezifischen Verteilung im gesamten Nervensystem und anderen Organen, wodurch potenziell das Risiko für Nebenwirkungen steigt und die Konzentration im Zielgewebe verringert wird. Bisherige medikamentöse Ansätze zur Überwindung der Blut-Hirn-Schranke sind mit Nebenwirkungen, potenzieller Toxizität und einer geringen, aber unspezifischen Permeabilitätssteigerung verbunden.

Dr. Jonas Bendig, Dresden, will den fokussierter Ultraschall nutzen, um die Wirkung antiaggregatorischer Therapien gegen α-Synuklein zu verbessern © privat

Vor diesem Hintergrund stellt der fokussierte Ultraschall eine neue vielversprechende Möglichkeit zur Öffnung der Blut-Hirn-Schranke dar. Das Prinzip beruht auf der mechanischen Anregung intravenös applizierter Mikrobläschen, was zu einer reversiblen Öffnung von Tight-Junctions führt. Im vorgeschlagenen Projekt soll die Blut-Hirn-Schranke in einem definierten Areal eröffnet, und dadurch die Wirkung antiaggregatorischer Therapien gegen α-Synuklein im murinen Modell verbessert werden. Ob die Effizienz von systemisch verabreichten Therapien gegen α-Synuklein-Aggregate in zerebralen Neuronen durch dieses Novum gesteigert werden kann, soll sowohl anhand behavioraler als auch histologischer Endpunkte erhoben werden. Es handelt sich damit nicht nur um einen vielversprechenden Forschungsansatz, sondern etabliert gleichzeitig den ersten deutschen Forschungsstandort für diese junge Technologie.

Der Preisträger, Dr. Jonas Bendig, ist derzeit Arzt in Weiterbildung an der Klinik und Poliklinik für Neurologie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt „TelePark“, Entwicklung und Etablierung eines telemedizinischen Behandlungskonzeptes für Parkinson-Patienten. Im Rahmen des Parkinson Fellowship der Thiemann Stiftung plant Dr. Bendig einen Forschungsaufenthalt an der Columbia University Medical Campus in New York.

Phasen-spezifische, nicht-invasive Neurostimulation zur Therapie des Parkinson-Tremors

Angesichts der bislang unbefriedigenden therapeutischen Effizienz oraler Medikation und der Invasivität und Kostenintensivität der Tiefen Hirnstimulation birgt die Entwicklung nicht-invasiver Stimulationsmethoden relevantes translationales Potenzial für eine mittelfristige, klinische Anwendung. Die „Transcranial Alternating Current Stimulation“ (tACS) nutzt im Gegensatz zu anderen Techniken schwache, exogene, periodische elektrische Felder, die die neuronale Aktivität durch Veränderungen der Membranpotentiale beeinflussen. Ein Vorteil im Vergleich zur Transkraniellen Magnetstimulation (TMS) ist, dass tACS-Systeme nur einen Bruchteil der elektrischen Energie und prinzipiell tragbar sind.

Dr. Dr. Sebastian Robert Schreglmann, Würzburg, möchte die „Transcranial Alternating Current Stimulation“ beim Parkinson-Syndrom erforschen © privat

Der Preisträger, Dr. Dr. Sebastian Robert Schreglmann, Würzburg, hat bereits erfolgreiche Vorarbeiten zur tACS beim essentiellen Tremor (ET) vorgelegt und plant nun, Stimulationstechnik, -Algorithmus sowie Analyse höherer mathematischer Ableitungen von ET auf das tremor-dominante Parkinson-Syndrom zu übertragen. Ziele sind dabei die Replikation der bei ET erfolgreichen Stimulation bei Parkinson-Tremor und die Austestung des optimalen anatomischen Stimulationsorts sowie des bestmöglichen Stimulationsmodus. Auch möchte Dr. Dr. Sebastian Robert Schreglmann adaptive Formen der phasen-spezifischen, nicht-invasiven tACS entwickeln, um eine automatisierte Steuerung der Stimulation in Abhängigkeit der klinischen Symptomatik zu ermöglichen.

Dr. Dr. Schreglmann finalisiert derzeit im Rahmen des „Advanced Clinician Scientist Programms“ der Medizinischen Fakultät der Universität Würzburg seine Habilitation zum Thema „Pathophysiologie und Therapie motorischer und nicht-motorischer Symptome bei Bewegungsstörungen“ und plant, seine Studien zur tACS bei Parkinson-Patientinnen und -Patienten an der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Würzburg durchzuführen, wo derzeit ca. 300 Betroffene betreut werden. Für die Entwicklung des adaptiven Stimulations-Algorithmus erfolgt ein Aufenthalt im Labor von Dr. Nir Grossman am Imperial College London.